05. November 2014
4 Uhr morgens wurde ich von Ute, Rainer, Eva und Irene in Gamprin abgeholt. Mit zwei Autos sind wir zusammen zum Flughafen nach Zürich gefahren.
In Zürich beim Check-in dann der grosse Schock – in meinem Ordner mit den Reisedokumenten war kein Pass drin. Ohne würde ich – so die Dame am Schalter – nur nach Brüssel kommen für die Zwischenlandung – weiter nach Senegal aber nicht. Hatte sonst Ausländerausweiss, Visum für Senegal und auch eine Kopie vom dänischen Pass dabei. Aber halt leider nur eine Kopie.
Was macht man um 05:45 Uhr ohne Pass in Kloten? Ich habe meine Frau Andrea angerufen und sie hat gleich ein Taxi mit dem Pass los geschickt. Schlussendlich hat es der Taxifahrer (trotz überhöhter Geschwindigkeit) nicht rechtzeitig nach Kloten geschafft.
Ich musste deshalb anstatt wie geplant mit den Anderen alleine über Paris mit Airfrance fliegen. Der Flug hat soweit gut geklappt, obwohl ich mir selbst immer wieder riesige Vorwürfe gemacht habe, dass ich ausgerechnet das allerwichtigste vergessen konnte.
Bei der Ankunft in Dakar bin ich gut durch den Zoll gekommen. Ute hatte mir empfohlen, so schnell wie möglich aus dem Flugzeug zu kommen um nicht stundenlang auf dem endgültigen Visum warten zu müssen.
Erleichtert, das Visum schnell erhalten zu haben, musste ich dafür fast eine Stunde am Gepäckband warten. Zu meinem Erstaunen hat der alte Flughafen von Dakar nur 1 Gepäckband.
Versucht man „worst airports in the world“ zu googeln, kommt Dakar als einer der Ersten.
Ein neuer Flughafen hätte bereits im 2012 eingeweiht werden sollen, aber die Autobahn bis zum Flughafen fehlt immer noch.
06. November 2014
07:30 Uhr: Nach mehr als 9 Stunden Autofahrt endlich Ankunft in Ndioum – Die Fahrt hat laut Ute noch nie so lange gedauert wie diesmal. Erstens weil wir durch die Nacht gefahren sind, zweitens weil der Chauffeur ab und zu beten musste und drittens weil wir Europäer immer wieder unsere Blasen leeren mussten.
Nach einem guten Frühstück im Hotel sind wir danach zur Familie von Malik in die Stadt gefahren. Dort wurden wir von seiner Mutter, seinem Bruder und seiner Schwägerin Mariam herzlich empfangen (und wie überall von ganz vielen Kindern).
Wie jeden Mittag – sollte sich später zeigen – hat Mariam mit Hilfe ihrer Schweigermutter für uns eine herrliche Mahlzeit vorbereitet. Es gab Fisch direkt vom Nebenarm des Senegalflusses. Ich musste zugeben, dass ich am Anfang etwas skeptisch war – selbst wenn der Fisch bestenfalls heute morgen gefangen wurde – wie ist es möglich, ihn stundenlang bei 40°C ohne Kühlschrank frisch zu halten? Keine Ahnung aber es hat auf jeden Fall frisch und lecker geschmeckt. Am Nachmittag wurden Ute und ich im Spital von Ndioum von Dr. Ba empfangen.
Er hat uns unter anderem erzählt, dass er in Ndioum mit 13000 Einwohnern der einzige Zahnarzt sei und dass der nächste Zahnarzt 45 Km entfernt ist. Eine Konsultation kostet 2000 Cefa was etwa 3 Euro entspricht und eine Extraktion inkl. Anästhesie 5000 Cefa. Obwohl mir seine Praxis sehr primitiv vorkam, gab es auch gewisse Gemeinsamkeiten. Wie in meiner Praxis hat Dr. Ba ebenfalls drei Behandlungsstühle. Wovon jedoch zu Zeit nur zwei in Betrieb waren. Anstatt wie bei mir über 180m2 zu verfügen, ist bei ihm alles auf maximal 30 m2 konzentriert.
Wir beide extrahieren ungefähr 30 Zähne (ohne Weisheitszähne) – bei mir pro Jahr und bei ihm pro Tag!!!
Dr. Ba hat in Dakar studiert und war sehr geehrt einen europäischen Zahnarzt zu Besuch zu bekommen. Ich habe mich ebenfalls 1000 Mal für seinen herzlichen Empfang bedankt. (Bereits jetzt am ersten Tag merkt man, wie wichtig es ist, höflich zu sein und seine Dankbarkeit zu zeigen).
Ich habe Dr. Ba erzählt, dass ich Morgen nach Alvar gehe und dass es meine Hoffnung ist, dort längerfristig eine einfache Praxis aufzubauen. Er hat sich sehr interessiert gezeigt und hat mir zugesagt, er würde dabei gerne behilflich sein.
Vor allem was das Bestellen von Medikamenten angeht, können wir beide uns gut eine Zusammenarbeit vorstellen. Damit würde ich auch keine Probleme wegen Einfuhr, Zoll etc. bekommen.
Um einen Einblick in seiner Arbeit zu bekommen, darf ich ihn am Montag wieder besuchen. Am Abend hatte unserer französischer Patron Beauf et Frites zubereitet – nicht originell, aber es hat gut geschmeckt.
07. November 2014
Was für ein Tag!!! So viele Eindrücke – Ich weiss gar nicht, wo ich anfangen soll.
Fangen wir mit dem herzlichsten Empfang, den ich je erlebt habe an –In Alvar – Und das sogar von Leuten, die ich noch nie gesehen hatte.
Nach dem Frühstück waren wir mit unserem Taxi Richtung Alvar aufgebrochen. Eine Reise von mehr als 1 Stunde, obwohl die Distanz nur 12 Km beträgt. Der ganze Weg führt über Strassen, die eigentlich gar keine Strassen sind – sondern Fahrrinnen in den lehmigen Sandboden, die sich seit der letzten Regenzeit gebildet hat. Diese Vorzone der Sahara wird Sahel genannt – einen Art Vorwüste, die sich leider infolge Abholzung Richtung Süden
ausbreitet. Normallerweise müsste zu dieser Jahreszeit unmittelbar nach der Regenzeit alles grün sein, oder sogar überschwemmt sein – Aber weil der Regen dieses Jahr (vielleicht wegen der Ausbreitung der Sahel oder der Klimaerwärmung) praktisch gänzlich ausgeblieben ist, macht der ansonsten sehr fruchtbare Lehmboden einen kümmerlichen Eindruck – überall nur Risse und Rillen durch die Austrocknung der Sonne.
Auf dem Weg nach Alvar mussten wir zwei Flüsse überqueren. Die erste Fähre war motorisiert, die zweite hatte bloss einen Seil wo alle Männer mithelfen mussten, daran zu ziehen. In Alvar angekommen standen die Dorfbewohner Spalier für uns. Sobald wir aus dem Auto gestiegen sind, haben die Kinder angefangen zu singen.
Am Ende des Spaliers sassen der Dorfpräsident und die Dorfältesten Männer. Hier im Lande begrüsst man aus Respekt zuerst den ältesten Mann und die anderen älteren Männer Danach folgt die Dorfälteste Frau und ihr Gefolge. Etwas anders als bei uns, aber es wirkt keinerlei diskriminierend. Bei uns grüssen wir zuerst die älteste Frau, in Senegal zuerst den ältesten Mann – irgendwo muss man ja anfangen.
Im Gegensatz zu gewissen arabischen Ländern gibt es hier einen sehr angenehmen Umgang zwischen Mann und Frau. Mit den Frauen wird respektvoll umgegangen. Frauen wie Ute oder die Hebamme, die ich später kennenlernen würde, haben ein grosses Ansehen. Der Dorfpräsident und der Stammesälteste haben uns beide mit zwei langen Ansprachen begrüsst. Ein Dolmetscher hat für uns in Französisch übersetzt.
Nachher waren dann Ute und Malik an der Reihe. Malik hat mich in die Mitte gebeten und mich vorgestellt. Als er erwähnt hat, dass ich der angekündigte Zahnarzt sei, haben alle angefangen zu klatschen. Leider musste Malik die viel zu hohen Erwartungen etwas bremsen und erklären, dass ich diesmal wegen verschiedenen Umständen nicht in der Lage sei, eigentliche Behandlungen durchzuführen.
Ich musste dazu erwähnen, dass ich im Vorfeld die Möglichkeit mit Ute diskutiert hätte, neben der Prophylaxearbeit in den Schulen auch einfache Zahnbehandlungen wie Extraktionen durchzuführen. Eine Woche vor dem Abflug hatten wir uns jedoch definitiv dafür entschieden, uns auf die Prophylaxearbeit zu konzentrieren – Kontakte knüpfen und uns erkundigen, ob wir eine Basis vorfinden, wo es möglich sei, zukünftig auch im Behandlungsbereich etwas aufzubauen.
Leider war diese Entscheidung über Malik nicht bis nach Alvar durchgekommen In Alvar hatten sie sich riesig über diese Möglichkeit, alle ihre vielen schmerzenden Zähne los zu werden und sozial wie sie sind, hatten sie die gute Nachricht an allen Nachbardörfer weitergeleitet. Ich stand somit vor einem schar sehr hoffnungsvollen Gesichtern. Wie eine Art Mesias stand ich nun da mitten in ihrem Kreis und musste mit meinem gebrochenen Französisch versuchen ihnen zu erklären, dass ich diesmal keine Behandlungen durchführen würde (und das die Leute damit ihren Schmerzen noch ein weiteres Jahr ausgesetzt sein würden).
Eine leichte Enttäuschung war schon spürbar, aber von Vorwürfen oder Wut war nichts zu spüren. Als ich ihnen erklärt habe, ich würde diesmal dafür Prophylaxeinstruktionen in der Schule machen, haben alle angefangen zu klatschen und die Kinder haben angefangen zu singen. – Es braucht hier anscheinend nicht viel, um eine Enttäuschung in etwas Positives zu kehren.
Um zu erfahren, wie gross das Behandlungsbedürfnis tatsächlich ist, hat Malik in der lokalen Sprache gefragt wie viele von Ihnen Zahnweh hätten. Fast alle Erwachsenen haben eine Hand ausgestreckt.
Nach der Zeremonie wurden die Kinder auf die beiden Klassenzimmer aufgeteilt. Die kleinen links und die grossen rechts.
Ich habe mit den Kleinen angefangen. Etwas nervös habe ich in Französisch erklärt, wieso Zähneputzen wichtig ist und was eine Zahnbürste überhaupt ist. Ein sehr netter Lehrer, Moussa Bah, der übrigens auch gut englisch sprechen konnte, hat alles übersetzt. Im Gegenteil zu den älteren Schülern, hatten die kleinen erst angefangen, französisch zu lernen. Nachdem ich auf meinem mitgebrachten Gebissmodell gezeigt habe, wie man die Zähne putzt, habe ich bei einem freiwilligen Buben, das ganze wiederholt. Vernünftiger Weisse ohne Zahnpasta – aber dafür mit viel Blut – unglaublich wie es blutet wenn die Zähne noch nie geputzt wurden – zumindest nicht mit einer Zahnbürste, dafür regelmässig mit einem Ast. Immer wieder sieht man wie die Leute einen kleinen Ast von einem Baum abreisen und diese als Zahnbürste verwenden. Eine Methode, die in dieser Gegend bis heute in meinen Augen sicherlich auch ausreichend war.
Das Problem ist nur, dass die Ernährung sich im Gleichschritt mit der Entwicklung verändert – Leider in westlicher Richtung. Eigentlich schade. – Das Essen ist hier derart schmackhaft, nährreich und Gesund – und vor allem – zumindest in den abgelegenen Dörfern wie Alvar, von all diesem unnötigen Zucker verschont. Aber die Entwicklung und der sogenannte Fortschritt lässt sich nicht aufhalten. In Ndioum wird bereits an jeder Ecke Cola, Bonbons etc. angeboten und selbst in Alvar haben sie eisgekühlte Cola gehabt. Hier noch ein absoluter Luxus, der heute nur dem Lehrer, mir und meinen europäischen Freunden vergönnt wurde.
Nachdem ich zum Abschluss gerade betont hatte, wie schädlich vor allem Cola sei, musste ich natürlich ablehnen. (Aber ich muss zugeben, eine kalte Cola hätte nach den beiden Vorträgen in einem Klassenzimmer mit mindestens 40°C Wärme überaus gut getan).
Nachher ging es weiter zur Gesundheitsstation. Diese konnte von Ute im 2009 dank Sponsoren aus Liechtenstein eingeweiht werden. Sie verfügt über ein Behandlungszimmer mit 3 Betten, ein kleines Gebärzimmer, ein Büro und eine kleine Apotheke.
Ich habe die Räumlichkeiten sehr genau studiert, weil es sind ja diese Räume, wo ich gedacht hatte, ich könnte für später etwas aufbauen.
Ich muss sagen, ich bin sehr zufrieden, mit dem, was ich vorgefunden habe. Obwohl Alvar neulich ans Stromnetz angeschlossen wurde, ist das Licht aber sehr spärlich. Ein OP-Licht oder eine Stirnlampe wäre ein absolutes muss. Die Liegen wären für Zahnbehandlungen ausreichend, ich müsste einfach dafür sorgen, dass Dr. Ba zwei höhenverstellbaren Behandlungsstühle organisiert. Die Aufbewahrungsmöglichkeit von den Medikamenten in der Apotheke ist trotz fehlender Kühlung natürlich super.
Nach einem herzlichen Abschied von den Einwohnern ging es wieder zurück Richtung Ndioum. Bei der zweite Fähre dann aber der Schock. Der Motor ist defekt und wird frühestens gegen Abend repariert werden. Alle haben wir auf die nigel-nagel neue Brücke geblickt, die für die Fussgänger bereits in Betrieb genommen wurde – und tatsächlich – Malik hat erfahren, dass wir tatsächlich über die Brücke fahren dürfen, obwohl diese von den Behörden noch gar nicht abgenommen war.
Zurück bei Mariam durften wir noch eine weiter köstliche Mahlzeit einnehmen. – Eine Spezialität bestehend aus Fischfrikadellen mit Reis und Gemüse.
Auf unsere Aufforderung hat Malik versucht Dr. Saidoo anzurufen. Er arbeitet als eine Art angelernter Arzt in einer kleineren Gesundheitsstation in Ndioum und hatte uns eigentlich schon am Vortag versprochen, vorbei zu kommen.
Diesmal hat es geklappt. Er war sehr nett und entgegenkommend. Etwas extrovertiert, was in dieser Gegend eher selten ist und hat uns seine Unterstützung gleich zugesagt. Besonders hat es mich gefreut, dass falls ich nach Alvar zurückkehren würde um dort etwas aufzubauen, er dafür sorgen würde, dass ich die nötigen Bewilligungen erhalte.
Als wir uns von Xavier verabschiedet haben, sind wir mit Charette – eine primitive Pferdekutsche zu dem besten Freund von Malik Djibi gefahren. Hier konnten wir einen guten Einblick in das Leben einer ganz normalen Familie in Ndioum bekommen.
Zurück im Hotelzimmer habe ich dann von meiner Frau die überaus glückliche Botschaft erhalten, dass ein völlig sinnloser Rechtsstreit mit einem Menschen, mit dem ich ansonsten sehr gut befreundet war, nun endgültig vom Tisch war. Es war zuvor absehbar, weil die Kanzlei der Gegenpartei das Mandat eine Woche zuvor niedergelegt hatte, aber dennoch war es eine Erleichterung und eine Freude die am Abend auch mit den anderen 4 gefeiert wurde. Puh… was für ein Tag! Dieser Rechtsstreit hat mich nun seit mehr als 8 Monaten intensiv beschäftigt und weil ich mich betrogen und hintergangen gefühlt hatte, auch ziemlich belastet. Dennoch fühlte ich mich nicht wie ein Sieger, weil in Angelegenheiten wie diese in der Regel keine Sieger, sondern nur Verlierer herauskommen. Dazu kommt natürlich auch, dass die Leute hier im Norden von Senegal mit ganz anderen Problemen zu tun haben, als wir bei uns. Ich habe für mein Recht gekämpft und bin auch im Nachhinein froh, dass ich es gemacht habe. Aber hier kämpfen sie einen ganz anderen Kamp – Nämlich ums überleben!
08. November 2014
Nach dem Ereignisreichen Tag von Gestern, sollte der heutige Tag ein eher ruhiger Tag werden mit nur einem Programmpunkt – nämlich Besuch in Koppe. Wieder ging es zuerst über die Brücke und quer durch die Sahel. Diesmal noch weiter als Gestern und wieder mussten wir ein Fluss mit einer dieser Seilfähren überqueren.
Der Empfang war genau so überwältigend wie Gestern. Als wir aus dem Auto gestiegen sind, haben die Frauen gleich angefangen für uns zu tanzen. Alle haben diesmal mitgesungen und eine Frau hat auf einem umgedrehten Blechtopf getrommelt. Wenn überhaupt möglich war die Begrüssung heute noch lauter, noch wärmer und noch stimmungsvoller als Gestern.
Nach dem Gesang wurden wir zu den Stammesältesten gebeten. Sie sassen unter einem Strohdach, haben uns herzlich begrüsst und uns die Plätze neben ihnen angeboten.
Wie gestern gab es wieder diverse Begrüssungsansprachen. Diesmal vom Dorfältesten, Malik und von Ute. Besonders bewegend war, als sie vom verstorbenen Freund von Malik gesprochen haben. Obwohl der Tod in dieser Gegend allgegenwärtig ist, sind die Tränen nicht nur bei Malik, sondern auch bei den alten Herren die Wangen runter gerinnt.
Nachher war die Chefin der Frauen dran. Eine eher extrovertierte Frau (Sehr ungewöhnlich) mit sehr viel Humor. Sie hatte Ute zwei selbst gemachte Geschenke übergeben. Eine schöne Halskette und einen Rock mit Stickereien.
Der eigentliche Grund für unseren Besuch war, dass die Gemeinde Mauren dem Dorf ein Boot finanziert hatte. Als ich nun in Koppe angekommen war, habe ich erst richtig realisiert, welch riesige Bedeutung dieses Boot hat. Das Dorf liegt direkt an dem Senegalfluss, also direkt an der Grenze zu Mauretanien. Ohne Boot waren sie bis jetzt gezwungen, an dem Markt in das Nächstgelegene Dorf in Senegal einmal in der Woche einkaufen zu gehen. Diesen Weg von 12 Km haben die meisten zu Fuss bewältigt, einige mit einem Chanette. (Das Dorf verfügt bis heute weder über Autos noch über eine Stromversorgung.) Mit dem Boot können die Einwohner nun einen 4 Km entfernten Markt in Mauretanien erreichen – unglaublich was eine Investition von 600 Euro hier bewirken kann. – Gut gemacht Herr Gemeindevorsteher!!
Natürlich sollten wir die neue Anschaffung einweihen. Wir 5 und die beiden Begleiter hatten gerade noch Platz im Boot. – Und los ging’s…. bis zum Ufer von Mauretanien, danach zurück…. und danach nochmals eine Runde. Zuvorderst im Boot sass der Dorfälteste und hat sein langes Gewähr herum geschwungen als wäre es ein Spielzeug. Furchteinjagend, jedes Mal wenn das Ding in unserer Richtung gezeigt hat. Er hätte eine Salve zur Feier des Tages abfeuern wollen aber irgendetwas hat geklemmt und selbst mehrmaligen Schlägen gegen die Bootkante hat nichts geholfen.
Zurück auf dem sicheren Ufer (dachten wir!) ist das Ding dann doch noch explodiert – Ein riesen Knall – Nur Schiesspulver – Aber das wussten wir natürlich nicht!
Anschliessend bekamen wir eine Führung in den etwa 1000 Einwohnern grossen Dorf und haben unter anderem die Wasserversorgung, die mit Solar betrieben wird, die Schule und das kleine „Dispensaire“ – eine Anlaufstelle für medizinische Probleme, besichtigt. Es handelt sich hierbei zwar nur um eine kleine 1-Zimmer Lehmhütte mit einer Liege, aber für eine Zahnextraktion bräuchte ich auch nicht viel mehr.
Im Gegensatz zu Ndioum und Alvar ist Koppe relativ sauber. Besonders in Ndioum liegt überall Abfall, vor allem Plastik, weil sie noch nicht über eine Abfallversorgung verfügen. Der Abfall – egal was; eine Plastiktüte, ein Autoreifen, eine kaputte Hose, ein irreparables Auto, ein Tierkadaver – alles wird an Ort und Stelle liegen gelassen. Bis der Abfall sich derart türmt, das man ihn – wieder an Ort und Stelle – anzünden und verbrennen kann. In Koppe selbst kann man gar nichts kaufen und deshalb ersticken sie hier (noch nicht) im Abfall. Ein wunderschönes, authentisches Dorf bestehend nur aus Lehmhütten und mit einer Bevölkerung, die mit dem Zufrieden ist, was der Boden und der Fluss ihnen hergeben.
Eigentlich hiess es, dass wir bei Mariam in Ndioum essen, aber wir waren ja Ehrengäste in Koppe und die schickt man nicht einfach so ohne Essen nach Hause. In einer Lehmhütte wurde für uns ein Festmahl vorbereitet. Normalerweise essen die Einheimischen alle aus der gleichen Schüssel, ohne Besteck – einfach mit den Fingern. Einige von meinen Reisebegleitern finden dies milde gesagt etwas gewöhnungsbedürftig und haben deshalb um Besteck gebeten – aber in ganz Koppe gibt es einfach kein Besteck. Ich fand es super, dass wir uns alle überwunden haben und das Essen auf traditionelle Art und Weise eingenommen haben – eine Verweigerung wäre eine grosse Beleidigung gewesen. (An und für sich ist es nur knapp so unhygienisch als es klingt). Vor dem Essen werden allen Gästen Wasser und Seife und ein Tuch zum Händetrocknen gereicht. Gegessen wird erst wenn alle die Hände gründlich gewaschen haben. Gegessen wird vorwiegend mit der rechten Hand. (Die linke wird für andere Geschäfte gebraucht).
Auf dem Rückweg hatten wir reichlich Zeit das Huhn und die vielen Eindrücke zu verdauen und die über 4 Meter hohen Termitenhaufen in der Sahel zu bestaunen.
Zurück in Ndioum haben wir an der Tankstelle übrigens zwei weisse Männer gesehen – Ausser unserem Hotel-Chef Joseph, die einzigen, die wir bis jetzt gesehen haben. Beim Abendessen hat uns Joseph gefragt, ob wir Lust hätten, nachher auf eine Party zu gehen, Seine 6 angestellten Mädchen, angeführt von Fatima, hätte in Gamadji eine Party organisiert. Wir sind selbstverständlich gegangen und Joseph trotz seiner 72 Jahren übrigens auch. Erstens wollten wir gerne die Mädchen unterstützen und zweitens waren wir viel zu neugierig um nicht zu gehen. Wieder ein riesen Erlebnis. Unglaublich wir vor allem die Frauen hier zu Lande tanzen können. Wenn man das sieht, bekommt man schnell das
Gefühl, dass wir Europäer uns gar nicht rhythmisch bewegen können. Die Musik selbst ist zwar ein ziemlich monotones trommeln auf 3 Trommeln, aber das Tanzen von den Frauen, die jeweils alleine, zu zweit oder zu dritt auf der Tanzfläche gegangen sind, war einfach erstklassig. Natürlich waren wir Europäer auch mal an der Reihe – da ist der Unterschied dann besonders gut zu sehen gewesen – Aber die Afrikaner haben es geliebt und gejubelt. (Aber im inneren sicherlich auch gelacht.)
Als jüngster Nicht-Afrikaner durfte ich noch etwas länger bleiben, als die Anderen sich um halb Zwölf verabschiedet haben. In der schwarzen Nacht war ich nun der Einzige ohne ein schwarzes Gesicht – und noch dazu mit Abstand der älteste. Aber ich habe es genossen. Die intime Atmosphäre unter den funkelnden Sternen und die vielen glücklichen Gesichter – Einfach grossartig! Und das übrigens ohne jeglichen Alkohol. Um Mitternacht war dann (leider) bereits Schluss.
Wieder ein ereignisreicher Tag mit vielen Impressionen, die berdaut werden sollten – Hoffentlich kann ich einschlafen.
09. November 2014
Ich konnte einschlafen. Aber wie befürchtet erst nach 2 Stunden.
Wegen einer Beerdigung von Malicks Nachbarin, die in einem Alter von 45 Jahren gestorben ist, war unser Programm von heute um 2 Stunden verschoben worden – zumindest theoretisch, weil plötzlich hat Malick angerufen und mitgeteilt, dass die Verschiebung leider nicht dem Gouverneur mitgeteilt worden sei. Der Gouverneur des Nordens Senegals wäre eigentlich der höchste Gast, der zum heutigen Fest in der Schule eingeladen war. Er sei bereits hier und wir mussten deshalb alles liegen lassen und losfahren.
Und welch eine Spektakel – mehr als 1000 Menschen – vorwiegend Kinder, hatten sich auf dem Sportplatz versammelt. Gefeiert wurde, dass Teranga nun das 9. und letzte Klassenzimmer fertig gebaut hatte und dass die Schule damit eingeweiht werden konnte.
Als wir den Platz betreten haben, ist die extrem laute Musik von einem noch lauteren Jubel übertönt worden. Wir wurden gebeten, nachher neben dem Schuldirektor und dem Bürgermeister Platz zu nehmen. Wie es sich gehört, konnte danach der Gouverneur mit seiner schwarzen Limousine vorfahren (als letzter, obwohl er schon lange da war), den Platz betreten.
Als die Musik am allerlautesten war passierte nicht unerwartet, dass was passieren musste – ein Stromausfall! Das passiert in der Regel zwischen 3 und 10 Mal so gut wie jeden Tag und so gut wie überall in Senegal. Meistens nur kurz – aber diesmal leider etwas länger. Während dem, dass ein Notaggregat organisiert wurde, wurden wir mit Pferdetanz unterhalten. Nachher folgten die obligatorischen Ansprachen vom Schulleiter, vom Bürgermeister, von einem Lehrer, von dem Schülersprecher, vom Chef der Elternvereinigung, vom Schulprüfer des Departements, von Ute und zuletzt vom Gouverneur. Der Gouverneur wurde darauf verabschiedet und wir konnten danach ausgiebig an diesem Sonntagnachmittag feiern. Feier heisst in Senegal vor allem singen und tanzen – nicht alle auf einmal sondern abwechselnd. Ein grosser Mann mit einer sehr kleinen Trommel unter dem Arm hat abwechselnd die Ehrengäste auf die Tanzfläche gezogen. Hier konnten wir dann einer nach dem anderen unserer Tanzkünste zeigen. Auch wenn die Unterschiede zwischen uns Europäer und den Afrikanern, die vor uns getanzt hatten, für alle deutlich erkennbar waren, haben wir genau so viel Jubel bekommen – ich glaube jedoch hauptsächlich für unseren Mut.
Am anderen Ende des Sportplatzes fliesst der Fluss vorbei. Wir wurden gebeten, am Ufer Platz zu nehmen und konnten von dort aus die Bootsvorstellung geniessen. Drei Piroquen, die aus einem ausgehöhltem Baumstamm bestehen, sind den Fluss hinauf und runter gefahren. Die Besetzung von jeweils 8 bis 9 Ruderer hat dabei ihren Ruderkünsten gezeigt.
Am Nachmittag sind wir, nachdem wir bei Mariam gegessen hatten, bei einer Familie in Ndioum zu Besuch gewesen. Meine Reisebegleiterinnen aus Sulzberg hatten einem Mädchen, welche seit dem sie Meningitis hatte, einen Rollstuhl geschenkt. Die Familie war natürlich überaus glücklich und dankbar und wir konnten mit eigenen Augen sehen, dass sie mit dem Rollstuhl gut zu Recht kam. Ich war zuvor etwas skeptisch, weil was nützt ein Rollstuhl, wenn überall nur Sand liegt? Ich konnte jedoch selber den Rollstuhl schieben oder genauer gesagt ziehen. Beim ziehen kam der Rollstuhl nämlich am besten durch den Sand.
Unser Gastgeber Joseph aus dem Elsace, hat uns am Abend erzählt, dass er jetzt mit 72 Jahren überlegt, in den Ruhestand zu gehen und sein Hotel zu verkaufen.
Schade! Sind wir doch so zufrieden mit ihm, seinem Hotel und seinem Personal. Ich würde wirklich gerne hier wieder zurückkommen. Es ist zwar kein Luxus vorhanden, ausser der Klimaanlage – aber das Hotel ist sehr sauber, das Essen ausgezeichnet und vor allem sind Joseph und seine Mädels extrem gastfreundlich.
10. November 2014
Heute stand eine Hospitation bei Dr. Ba auf dem Programm. Ich durfte ihn einen ganzen Tag bei seiner Arbeit verfolgen. Ein riesen Erlebnis, obwohl ich zugeben muss, dass die armen Patienten mir extrem Leid getan haben. Sollte ich in dieser Welt irgendwann Zahnweh bekommen, dann bitte nicht in Ndioum. Das Problem ist dabei weniger die alte Ausstattung, sondern viel mehr wie mit der vorhanden Ausstattung umgegangen wird – schlichtweg unhygienisch. Überall dreckig. Was nützt es, Mundschutz und Handschuhe anzulegen, wenn die Nadeln für eine Wurzelbehandlung alle aus dem gleichen nicht sterilen Becher genommen werden? Oder wenn eine neue Prothese beim einsetzten auf den Boden fällt und daraufhin direkt in den Mund geschoben wird? Klar, wenn der Boden sauber wäre, wäre dies nur halb so wild – wenn er bloss wäre… Eine Wurzelbehandlung ist übrigens eine Behandlung, wo es in Ndioum anscheinend keine Betäubung braucht, auch wenn der Nerv nicht nekrotisch (abgestorben) ist. Auch beim Bohren wird generell immer ohne Anästhesie gearbeitet und übrigens auch ohne Wasserkühlung!!!
Die Praxis hatte zuvor Wasserkühlung aber ohne funktionierende Absaugung konnte sie nicht benutzt werden. Anästhesien wurden nur bei Extraktionen gemacht. Sie haben jedoch kaum etwas gebracht, weil Dr. Ba direkt anschliessend den Zahn entfernt hat – er hat nicht mal 1 Sekunde auf die Wirkung der Spritze gewartet und mehrmals habe ich die Hände der Patienten halten müssen, weil die Patienten versucht haben seine Hände aus dem Mund zu reissen. Aber es war nicht alles schlecht. Seine Extraktionstechnik war nicht schlecht und die von seiner Sekretärin (die heute die meisten Zähne extrahiert hatte) auch nicht!
Ich durfte dann auch mal einen Zahn ziehen. Einen unteren Weisheitszahn bei einem Jugendlichen. Es handelte sich um einen sogenannten semiretinierten mesiovertierten 8’er mit Pericoronitis – kein ganz einfaches Unterfangen mit den verrosteten Extraktionszangen. Aber raus kam der Zahn und weil ich mir viel Zeit beim wechseln der Handschuhe gelassen hatte, war der Patient inzwischen auch ausreichend betäubt. Aber unglaublich wie es bluten kann, wenn das Gewebe derart inflammiert ist. Ohne Prophylaxe haben die Leute generell eine ausgeprägte Ginigivitis und wenn das Blut dann auch nicht abgesaugt werden kann, sieht man erst richtig wie es bei einer Extraktion bluten kann.
Die Praxis von Dr. Ba ist ein Teil vom Spital von Ndioum. Laut Ute ist das Spital der Stolz von der ganzen Region. Ich war neugierig, wie der Rest des Spitals wohl aussehen würde und habe deshalb Dr. Ba gefragt, ob ich eine Führung bekommen dürfte. Er hat einen Assistenten gerufen, der mir bereitwillig alles gezeigt hat. In allen Abteilungen wurde ich bereitwillig von den zuständigen Oberärzten empfangen. Alle waren sehr nett, aber ich muss sagen, ich bin über die Verhältnisse immer noch schockiert, nicht nur wegen dem Dreck, sondern auch weil überall ausgelagerte Betten und altes Krümpel, das nicht mehr repariert werden kann rumgestanden ist. Folgende Abschnitte dufte ich besichtigen:
Innere Medizin, Radiologie, Geburtenabteil, Pediatrie und OP-Tracht und zuletzt die Küche, wo wie überall in Senegal über offenen Feuer gekocht wurde.
Zurück in der Praxis von Dr. Ba war seine Sekretärin gerade dabei, einen weiteren Zahn zu entfernen. Im anderen OP-Raum hat Dr. Ba laut mit dem Techniker geschimpft, der den anderen Behandlungs-Stuhl reparieren sollte. Als ich am Morgen angekommen bin, hat nur ein Stuhl einigermassen funktioniert. Die anderen Beiden waren total zerlegt. Der Techniker hat mit nachher erklärt, dass das Problem sei, dass der eine Stuhl in den USA hergestellt ist und dass sie keine Ersatzteile dafür bekommen. Ein häufiges Problem in Afrika. Viele Maschinen die in Europa oder USA defekt sind, werden vielleicht ein oder zwei Mal repariert. Danach werden sie nach Afrika gebracht, wo sie dann nochmals und nochmals repariert werden, bis es irgendwann halt nicht mehr geht. – Beim Zahnarztstuhl hat es geklappt. Als wir um 14 Uhr fertig waren, war der Stuhl repariert und für den nächsten Tag bereit.
Der letzte Patient hat mir echt Leid getan. Ein vielleicht 7 Jahre alter Junge, der wegen Zahn- und Augenschmerzen nur noch geweint hat. Sein linkes Auge war so geschwollen, dass er kaum daraus sehen konnte.
Am Nachmittag hatten wir abgemacht, ein Fussballspiel auf dem Sportplatz zuschauen zu gehen.
Auf dem Weg dorthin haben wir Dr. Xaidou besucht und seine medizinische Anlaufstelle besucht. Hier werden vor allem Impfungen durchgeführt. Des Weiteren betreut Dr. Xaidou die Mütter nach der Geburt und die Babys ebenso. In den umliegenden Dörfern hat er 8 Dispensarien, die er betreut.
Die Schwestern aus Sulzberg hatten Trikots für die zwei Fussballmannschaften mitgebracht. Ein Freundschaftsmatch in den neuen Trikots wurde organisiert und ich muss sagen, ich bin vom technischen Niveau sehr beeindruckt. Ein Sandplatz mit vielen Löchern und vielen Steinen. In Europa undenkbar – zum Glück hat sich niemand verletzt.
11. November 2014
Abreisetag nach Mbour. Joseph und einer seiner Mädels Fatima waren extra früh aufgestanden um unter anderem Omelette für uns zu kochen, damit wir bereits um 6 Uhr essen konnten. Fatima hatte mir übrigens erzählt, dass sie jetzt mit 22 Jahren bald hofft, heiraten zu können. Sie wolle jedoch auf keinen Fall eine Rivalin. Könnte schwierig werden in einem Land, wo Polygamie erlaubt ist (und Homosexualität übrigens per Gesetzt verboten). Die meisten Männer die es sich leisten können heiraten hier bis zu 4 Frauen. Jedoch ist dies selbst hier auf dem Lande nicht mehr so häufig, wie früher und Zwangsehen kommen zum Glück auch weniger häufig vor im Vergleich zu früher.
Nach dem Abschied folgten 9.5 Stunden Autofahrt bei 40°C und herunter gerolltem Fenster. Anstrengend – aber auch interessant, weil die Fahrt diesmal nicht bei Dunkelheit gemacht wurde. Weiter Richtung Westen und Süden hat man gemerkt, dass wir langsam aus dem Sahel rauskommen. Es wurde grüner, mehr Reis- und Zuckerfelder und viele von den grossen imposanten Baobabbäumen (was übrigens ein Strauch und kein Baum ist). Im Hotel haben wir uns einfach nur am Pool von den Strapazen erholt und am Abend festgestellt, dass sich die Küche hier nicht mit der Küche im Norden des Landes vergleichen lässt.
12. November 2014
Wir wohnen im Hotel Safari. Ein schönes Hotel, vor allem wegen dem Pool und das Meer, das nur 100 Meter entfernt ist. Aber leider ist es nur halb so sauber wie bei Joseph.
Am Morgen ging es nach dem Frühstück zu Badu, einem Führer, mit dem ich durch Malick verabredet war. Er hat mir etwas von Mbour gezeigt. Vor allem den Hafen, der eigentlich gar kein Hafen ist, sondern nur einen Strand, wo die Fischer Ihren Fang abgeben können. Wenn nötig werden die Boote mit Pferden, Esel oder Traktor an Land gezogen. Die Boote, die sogenannten Piroquen, sind sehr Eindrücklich, erstens wegen der Grösse und zweitens weil sie wunderschön bemalt sind. Sie werden ausschliesslich aus Edelholz aus der Casamance (das Gebiet von Senegal südlich von Gambia) gemacht. Bis zu 30 Leute haben Platz und bleiben bis zu 10 Tage auf dem Meer.
Überall auf dem Strand lagen Haufen von Fischen: Dorade, Haie, Rocken, grosse Barrakudas und auch einzelne Hammerhaie. Dahinter war der Markt. Zuerst der Fischmarkt, dann der Fleischmarkt und dahinter der „Marché Artisanale“. Alles sehr eindrücklich, aber für mich war vor allem der Fischmarkt einfach nur grusig. Überall nur Fisch und das bei 40°C. Manche versuchten zwar mit Eis zu kühlen, aber das hat nur zur Folge, dass das Eis schmilzt und der sonst trockene Boden inkl. Dreck und Abfall sich zu einem übel riechender Schlamm verwandelt. Ein Schlamm aus stinkendem Fischabfall. Ich war froh, dass ich wenigstens Sandalen an hatte – die meisten waren barfuss.
Nach dem Fischmarkt hatte ich mir selbst versprochen, in Mbour nie mehr Fisch zu essen – kein Wunder hatte die Dorade vom Vorabend nicht gut geschmeckt.
Auf dem Markt habe ich vor allem Geschenke für meine Familie zuhause kaufen wollen und bin auch fündig geworden. Zwei kleine Djemben für meine Kinder und etwas Schmuck für Andrea. Ich muss schon zugeben, dass ich sie langsam sehr vermisse. Ich war noch nie so lange von der Familie getrennt.
Den Nachmittag habe ich genutzt, um etwas zu arbeiten. Mails zu beantworten und mich erkundigen, wie der Hausbau in Mauren vorankommt.
13. November 2014
Wieder ein Ereignisreicher Tag. Diesmal mit einem Besuch in einem kleinen Dorf Mbettit, etwa 1 Stunde Autofahrt südöstlich von Mbour.
Senegal ist 95% muslimisch, aber Mbettit wird von dem Volk Serrer bewohnt, die hauptsächlich Lutheraner sind. Auf dem Weg dorthin haben wir deshalb einen lutherischen Priester Ndeb mitgenommen.
Bis jetzt wurden wir in jedem Dorf mit einer grossen Feier empfangen, aber dieser Besuch war spontan organisiert. Den Bewohnern von Mbettit war es gar nicht angenehm, weil wenn Gäste auf Besuch kommen, es sich grundsätzlich, sich von seiner besten Seite zu zeigen gehört.
Dies heisst vor allem einen richtig ehrenwürdigen Empfang und anschliessend Feiern mit Musik und Tanz.
Nachdem wir die Schule besucht hatten, wo Teranga zwei Schulzimmer gebaut hatte, wurde von den Dorfbewohnern deshalb spontan eine Feier organisiert. Die Männer haben getrommelt und die Frauen und Kinder haben für uns getanzt – wieder sehr eindrücklich. Rund herum sassen vor allem stillenden Frauen. Die Männer waren fast alle bei der Einweihung von der neuen Dispensaire.
Ein weiterer Grund für unseren Besuch war, dass Teranga eine Hirseschälmaschine für die Frauen im Dorf vorfinanziert hatten. Vorher war das Schälen der Hirse Handarbeit – sehr zeitaufwendig: Eine Frau hat für eine Tonne Hirse 3 bis 4 Wochen gebraucht. Die Maschine schafft 3 Tonnen jeden Tag. Die Frauen können deshalb Einnahmen generieren, indem sie mit der mobile Maschine, die Nachbardörfer besuchen, und vor Ort die Hirse schälen. Weil die letzte Ernte besonders gut war, haben die Frauen fast den doppelten Betrag als abgemacht an Ute zurück bezahlt – man weiss ja nie wie die nächste Ernte wird. Bis jetzt sieht es gut aus, weil sie hier im Gegensatz zum Norden eine normale Regenzeit gehabt haben.
14. November 2014
Abreisetag! Heute haben wir die meiste Zeit am Pool verbracht. Am Morgen bin ich eine Stunde am Strand entlang gelaufen. Der Strand war voll junger Senegalesen, die Sport getrieben haben; entweder in Form von Jogging, Work-Out oder Krafttraining.
Zum Flughafen hatten wir uns den seltenen Luxus gegönnt, ein Taxi mit Aircondition zu bestellen. Als die Temperaturanzeige im Auto am Abend immer noch 38°C zeigte, waren wir uns einig, die Investition hätte sich gelohnt.
Nun sitze ich in der Boing 777 und habe gerade vom Pilot die schlechte Nachricht bekommen, dass wir mindestens noch eine halbe Stunde Verspätung haben, weil ein Reifen gewechselt werden muss.
Ich werde wohl über Nacht genügend Zeit bekommen, an all die schönen Eindrücke in Senegal zurück zudenken.
Senegal – Je reviens!!!